Die alten Gewächshäuser, die renovierten Frühbeetkästen, die kleinen Glaskästen, das Melonenhaus, der Ananasgraben – ich habe schon so viel darüber gelesen. Und nun stehe ich in den wiederauferstandenen Gärten von Heligan, wandle durch einen Realität gewordenen Traum. Hier hatte über Jahrhunderte eine Adelsfamilie ein üppiges Selbstversorgerleben geführt. Sie hatten Vieh, Getreide, Früchte und Gemüse, Bienen, Lustgärten und Wälder. Sie gönnten sich allerlei damals äusserst exotischen Luxus: In einem Gewächshaus reifen bis heute Pfirsiche und Aprikosen. Den Melonen ist ein anderes Glashaus gewidmet. Und für die Tafeltrauben wurde eine spezielle Kletterkonstruktion in einem weiteren Treibhaus geschaffen, damit die süssen Früchte im englischen Wetter frei in der Luft hängen und möglichst nicht krank werden. Der legendäre Ananasgraben war bei meinem Besuch nicht im Betrieb, aber man konnte das Gemäuer, das spezielle Glasdach und die Schächte sehen, die damals mit wärmendem Pferdemist gefüllt wurden. Und natürlich waren im Gemüsegarten nebst all den historischen Gemüsesorten auch die Rhabarberpots da und die Tontöpfe für den Meerkohl, von der Zeit verwittert, aber bereit, im nächsten Frühjahr die zarten Stängel zu bleichen.
Der Besuch in Heligan hat mich tief berührt – dieser wiederauferstandene Küchengarten und seine Geschichte wecken Nostalgie, aber auch die Lust, im Hier und Jetzt wieder selbst mehr anzubauen, anzupacken. Es ist eine Geschichte, die Mut macht: Wie der Archäologe Tim Smit in den 1990er Jahren die zu Beginn des Ersten Weltkrieges verlassenen und seither komplett zerfallenen Gärten entdeckte und zusammen mit John Nelson, einem Nachfahren der früheren Besitzer und einem grossen Team von Profis und freiwilligen Helfern wieder aufleben liess – ich habe das Buch seinerzeit mehrmals gelesen, und nun kaufe ich im Shop von Heligan ein von Tim Smit signiertes Exemplar – Smit ist für seine Verdienste um die Gärten von Heligan inzwischen zum Sir geschlagen worden, und das Nachwort hat kein Geringerer als der heutige König Charles geschrieben.
P.S. Die Dahlien waren eine Pracht für sich. Die Staudenbeete, eine überwältigende Vielfalt tropischer und mediterraner Zierpflanzen, ein Traum. Natürlich ist auch der Spaziergang durch den Jungle mit den exotischen Pflanzen zauberhaft – in der milden Gegend von Cornwall gedeiht ja fast alles! Die Baumfarne waren so üppig, wie ich sie zuletzt in Bali gesehen habe, mit zum Teil jahrhundertealten, imposanten Strünken.
P.P.S. Was im Shop bei den Heligan-Gärten besonders toll ist: Es gibt mehrere Gestelle voller Samentüten von Sorten, die hier weitervermehrt werden. So kann der Traum von Heligan auch daheim weiterwachsen.